Kreisklinik: „Mit Horrorszenarien und Angst zu arbeiten deutet auf fehlende Argumente hin“

Ambulante Strukturen stärken statt veraltete Strukturen finanzieren
„Schon seit vielen Jahren wird beim Thema Kreisklinik Groß-Gerau mit Angst gearbeitet“, so der FDP-Fraktionsvorsitzender Peter Engemann. Schon im Jahr 2017, als es um Schließung oder Fortführung der Klink im Kreistag ging, wurde einem massiv geschönten Fortführungskonzept (Betriebsergebnis 2026: + 1,2 Mio. Euro) ein Worst-Case-Szenario für Schließungskosten von 73,3 Mio. Euro gegenübergestellt und zudem die Befürchtung in den Raum gestellt, dass noch höhere Kosten durch Rückforderungen von Förderungen des Landes möglich wären.
Der Umstand, dass das Land Hessen eine Schließung politisch und wirtschaftlich (mit 20 Mio. Euro) unterstützt hätte, wurde, wie auch ein für den Träger Kreis Groß-Gerau positives Gutachten zu den möglichen Abfindungskosten bei der ZVK, weitgehend ignoriert. Wie so oft, hatte man sich die damals schon schwierige Situation schöngeredet. Verschlimmert wurde dies dann auch noch durch Inkompetenz in der damaligen Geschäftsführung (mangelhaftes Vertragscontrolling etc.).
„Heute arbeitet nun die aktuelle Geschäftsführung mit Angstszenarien. Sie führt hierbei ‚enorme Schließungskosten‘ für den stationären Bereich an. Woher diese kommen sollen bleibt unklar und ist auch aus Sicht der FDP nach der Gutachtenlage vollkommen unrealistisch,“ so Engemann weiter. Höhepunkt der Angstmacherei sei dann die „medizinische Selektion“, ein Angstbild fehlender Krankenhausbetten aus Pandemietagen.
„Das merkwürdige ist, dass die Leitungen der umliegenden Kliniken dies komplett anders sehen und im Artikel des ‚Echo‘ vom 21.06. mitgeteilt haben, dass die Kapazitäten in der Region auch ohne die Kreisklinik in Groß-Gerau ausreichend sind“, erläutert Engemann. Klar sei, dass ein Weiterbetrieb der Kreisklinik nur mit dauerhaften Millionenzuschüssen aus dem Kreishaushalt möglich ist. Genau dieses Geld fehle dann beim Aufbau und Betrieb ambulanter Strukturen.
In Deutschland gab es 2022 pro 1000 Einwohner 7,7 Krankenhausbetten, in den Niederlanden 2,45 Klinikbetten und die Niederlande gehören zu den Ländern mit den höchsten medizinischen Standards und höherer Lebenserwartung als in Deutschland.
Angst ersetzt keine Fakten, so Engemann. Fakt sei, dass die Bundes- und Landespolitik mit der Krankenhausreform eine weitere Spezialisierung zugunsten von größeren Häusern mit besserer Qualität[1] vorangetrieben hat. Wichtiger als ein paar stationäre Betten in Groß-Gerau für viele Millionen Euro seien gute ambulante Strukturen und Investitionen in diesen Bereich. „Die Menschen haben Sorgen, dass sie keinen Haus- und Facharzt mehr vor Ort finden. Dieses Problem müssen wir angehen und nicht alte Strukturen mit viel Geld zementieren.“
„Man hat das Gefühl als sei Groß-Gerau das kleine gallische Dorf mit Frau Dr. Raab als Asterix, das sich tapfer gegen die römische Übermacht stemmt. Leider hat nur Frau Dr. Raab keinen Zaubertrank
und wird sich daher gegen die überparteilich im Bund und Land sowie von den Krankenkassen gewollte und sinnvolle Veränderung in der Krankenhauslandschaft nicht behaupten können.“ Es wäre schön, wenn in der Klinikgeschäftsführung und im Aufsichtsrat der Klinik mehr an Zukunftskonzepten gearbeitet würde, als an öffentlichkeitswirksamen Klagen gegen den Bund, so Engemann abschließend.
[1] 5. Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission zur Verbesserung von Qualität und Sicherheit der Gesundheitsversorgung